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„Die Stiefel sind meistens schon geschnürt, nur der Weg ist noch nicht klar!“ – Interview mit Peter Plöger

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Der Weg in ein (Arbeits-) Leben, in dem man sich rundum wohl und am richtigen Platz fühlt, ist für manche von uns alles andere als einfach. Dr. Peter Plöger begleitet Menschen in Prozessen der beruflichen Neuorientierung und war mir deshalb natürlich ein ganz besonders willkommenes Interview-Opfer.

Peter ist promovierter Linguist und arbeitet heute als Autor, Trainer, Coach & Mentor im schönen Bielefeld. Im Gespräch hat er mir Einblicke in seine Arbeit als Coach gewährt, verraten, was für Menschen zu ihm kommen und wie er ihnen hilft. Außerdem gab es ein paar hilfreiche Tipps für Leute, die selber darüber nachdenken, mit einem Coach zusammenzuarbeiten.

Frage: Peter, danke für Deine Zeit! Zum Einstieg habe ich eine Frage zu Deinem eigenen Werdegang: Wie bist Du als studierter (und promovierter) Linguist eigentlich zu Deiner Tätigkeit als Sachbuchautor und Coach gekommen?

Peter: Mein erstes Buch, „Arbeitssammler, Jobnomaden und Berufsartisten“*, das 2010 erschienen ist, ist durch meine persönliche Situation entstanden. Ich selber zählte nach meiner Promotion zu der gar nicht mal kleinen Gruppe an hochqualifizierten Menschen, die ein anderes Modell als die Standard-9-5/40-Stunden-Arbeitswoche leben.

Mich hat interessiert, warum immer mehr Menschen so leben (müssen) und was für Lebens- und Arbeitsmodelle es außer meinem eigenen gibt. So bin ich zu der professionellen Beschäftigung mit dem Thema Arbeit gekommen.

Zusätzlich habe ich ab Ende 2010 eine Coaching-Ausbildung absolviert, zunächst gar nicht mit dem Ziel, Menschen in beruflichen Fragen zu begleiten. Später hat es sich dann jedoch einfach angeboten, mein Interesse am Thema Arbeit mit meiner Coaching-Ausbildung zu verbinden.

Frage: In Deinen Coachings arbeitest Du mit „lösungsfokussierten“ Ansätzen – was bedeutet das genau?

Peter: Lösungsfokussiert zu arbeiten bedeutet, dass wir keine Ursachenforschung betreiben. Ich schaue mit meinen Klienten nicht danach, warum sie in der aktuellen, nicht zufriedenstellenden Situation sind, sondern eher, was helfen kann, um diese Situation ganz konkret zum Positiven zu verändern.

Dabei setzen wir bei ganz kleinen bereits erlebten Erfolgen an und versuchen herauszuarbeiten, welches Verhalten oder welche Haltung diesen Erfolg hervorgebracht hat. Anschließend versucht man, durch gezieltes Verstärken und Wiederholen dieses Verhaltens eine Art „Positivschleife“ anzuregen.

Zum Beispiel setze ich dazu in der Vergangenheit an. Wenn der Klient in einer Entscheidung sicherer werden will, erkunden wir gemeinsam, wo genau er früher schon einmal eine sichere Entscheidung getroffen hat. Was hat ihn sicher gemacht? Wie hat er sich dabei gefühlt? Was hat er konkret getan, das ihn so sicher gemacht hat? Der Klient wird so quasi sein eigenes gutes Vorbild.

Frage: Was für Menschen kommen zu Dir?

Peter: Meine Klienten sind größtenteils in ihren 30ern oder 40ern, das heißt sie haben bereits Berufserfahrung und können schon einschätzen, dass ihre Unzufriedenheit nicht nur „eine Laune“ ist.

Die meisten von ihnen sind inhaltlich mit ihrer beruflichen Aufgabe nicht (mehr) zufrieden und wünschen sich schon eine größere Veränderung, wissen aber nicht, in welche Richtung diese genau stattfinden soll. Sie haben quasi ihre Stiefel längst geschnürt und wissen bloß noch nicht, in welche Richtung sie nun loslaufen sollen.

Ich stelle außerdem fest, dass es vielen Menschen doch oft um sehr viel mehr als nur um die Arbeit geht. Wenn wir über Arbeit sprechen, sprechen wir immer auch über Glück, ein gutes und gelingendes Leben. Auch über Sinn.

Frage: Welche Lösungen finden Deine Klienten mit Deiner Unterstützung?

Peter: Grob geschätzt wechseln 75 bis 80 Prozent nach der gemeinsamen Arbeit den Job. In meinen Coachings rege ich allerdings auch gerne dazu an, mal über den eigenen beruflichen Tellerrand zu schauen, ohne direkt den eigenen Job zu kündigen.

Ich rate vielen meiner Klienten, mal ein paar Tage in einem Berufsfeld/einem Unternehmen zu hospitieren, das sie für sich als attraktiv empfinden. So bekommen sie ein realistischeres Bild davon, ob dieser Bereich etwas für sie sein könnte und reflektieren auch ihren aktuellen Job mit anderen Augen.

Das Ergebnis davon kann auch sein: „Eigentlich stimmt es für mich schon im Großen und Ganzen“ – ein Teil meiner Klienten wird schon durch kleinere Veränderungen im Berufsalltag wieder zufriedener und braucht nicht die ganz große Veränderung.

Frage: Wie Du vielleicht weißt, beschäftige ich mich aktuell durchaus kritisch mit dem Thema Coaching, zu dem man im Internet leider auch viele fragwürdige Angebote findet. Wie kann man Deiner Meinung nach einen guten Coach finden?

Peter: Das stimmt, die Coaching-Landschaft ist tatsächlich ziemlich unübersichtlich geworden. Zudem gibt es eine ganze Menge guter Coaches, die nicht oder optisch wenig ansprechend im Internet vertreten sind. Denen gegenüber steht eine Gruppe von Menschen, die zwar im Marketing top sind und sich mit Hochglanz-Websites präsentieren, jedoch fachlich wenig zu bieten haben.

Wenn ich selbst auf der Suche nach einem Coach wäre, würde ich mit Ausschlusskriterien arbeiten. Wenn ich auf die Homepage eines Coaching-Anbieters gehe und dort warten hauptsächlich Allgemeinrezepte und weise Sprüche auf mich, ist das für mich ein ziemlich eindeutiges Ausschlusskriterium.

Das Leben insgesamt und auch das Arbeitsleben im Speziellen sind zu komplex, als dass man individuelle Probleme mit Allgemeinrezepten lösen könnte.

Außerdem würde ich darauf achten, ob ein Coach ganz ausschließlich mit einer bestimmten Methode arbeitet und diese als „Lösung“ für alles verkaufen möchte. Auch in so einem Fall darf man ruhig skeptisch werden, denn im Coaching sollte man seine Methode passend zum Klienten und seiner Problematik wählen.

Frage: Wenn ein Coach nach diesen Kriterien kompetent auf mich wirkt, was kann ich noch beachten?

Peter: Ich würde dazu raten, unbedingt das persönliche Gespräch zu suchen. Das ist durch nichts zu ersetzen. Einfach vorbeigehen oder anrufen. Für ein richtig gutes Coaching ist es unerlässlich, dass man persönlich gut miteinander auskommt, einen Draht zueinander hat.

Ein guter Coach gibt auch zu verstehen, wenn er/sie den Eindruck hat, dass es mit dem Klienten auf der zwischenmenschlichen Ebene nicht passt. Denn wenn man so eine „schlechte Chemie“ ignoriert, kann es im Coaching-Prozess immer wieder zu Missverständnissen kommen – und das macht die Arbeit für alle Beteiligten nur schwieriger.

Frage: Wann macht es aus Deiner Sicht überhaupt Sinn, sich einen Coach zu suchen? Und gibt es auch Fälle, in denen Menschen selbst erkennen können: Das macht für mich momentan keinen Sinn?

Peter: Ein Coach ist ja jemand, der dort die Vogelperspektive einnehmen kann, wo Du selbst mitten drin bist und es Dir deshalb schwer fällt, selber den Vogel zu machen. Es gibt aber Leute, die können das sehr gut: Distanz zu sich selbst schaffen, innehalten und sich über Dinge ganz nüchtern klar werden. Die brauchen nicht unbedingt einen Coach.

Ich würde, bevor ich mir professionelle Hilfe suche, es immer erst mit dem Innehalten und selbst reflektieren versuchen. Schauen, wie die Dinge aussehen, wenn ich die Distanz zu mir einnehme, die mir gerade maximal möglich ist. Wenn ich damit gar nicht weiterkomme, dann ist ein Coach sicher eine gute Idee (manchmal tut’s auch ein gutes Gespräch mit einer Freundin).

Außerdem glaube ich, dass jeder ein paar Werkzeuge braucht, um sich ein gutes Leben zu bauen. Die meisten Leute müssen diese Werkzeuge erst finden. Ein guter Coach kann da immer ein paar Angebote machen: Hier, probier mal dieses Werkzeug aus. Er kann einem helfen, die richtigen Werkzeuge zu finden oder sich zu entwickeln.

Vielen Dank, Peter, für das spannende Gespräch!

Über Peter Plöger:

Peter PlögerPeter Plöger ist gleichzeitig frei und Berufler. Seine Arbeit als Berufe-Entdecker, Orientierer und Autor verfolgt er seit über zehn Jahren und staunt immer noch darüber, dass die Freude daran weiter wächst. In seinen Büchern und in seinem Projekt „Why we work“  kümmert er sich darum, dass Menschen ihre gute Arbeit finden – die, die wirklich die richtige für sie ist.

Aktuelles Buch: „Systemisches Karrierecoaching“* (zus. mit H.-J. Balz; Vandenhoeck & Ruprecht). Im Juli erscheint „Glücksstress – Von ganz allein zum guten Leben“ (Hanser)

Bildquellen: unsplash.com/Peter Plöger

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*Ich nutze in seltenen Fällen Affiliate-Links. Bei den Links zu Peters Büchern auf Amazon in diesem Text handelt es sich um solche Links. Wenn Du etwas über einen dieser Links kaufst, erhalte ich prozentual eine kleine Vergütung. Ich setze solche Links generell nur dort, wo sie eh zu meinem Thema passen und wähle niemals ein Thema nach diesem Kriterium aus. 

Der Beitrag „Die Stiefel sind meistens schon geschnürt, nur der Weg ist noch nicht klar!“ – Interview mit Peter Plöger erschien zuerst auf Free Your Work Life - Suzanne Frankenfeld.


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